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Translation Kriegsverluste (NC-17) de Print

Written by December; Translated by elektra121

08 March 2011 | 15909 words

[ all pages ]

Titel: Kriegsverluste (Originaltitel: Casualties of War)
Autor: December
Übersetzt von elektra121
Pairing: Faramir/Beregond
Rating: P18
Disclaimer: Wie üblich, mir gehört nichts (auch wenn ich’s gern anders hätte)

Zusammenfassung: Eine zufällige Begegnung in den dämmerigen Straßen von Minas Tirith macht einen ganz bestimmten Wachmann sehr glücklich – und sehr nachdenklich…

Vielen Dank an Alcardime für’s Betalesen!

Anmerkung: Diese kleine Geschichte klopfte eines kalten regnerischen Morgens, in grauen Stunden, in denen ich nicht schlafen konnte, an die Hintertür meines Hirns und wollte sich nicht abweisen lassen, bis ich sie zu „Papier” gebracht hatte. Also bitte! Ich hoffe, sie gefällt euch.
Wie immer basiert sie ausschließlich auf dem Buch (pah, die haben Beregond ja noch nicht mal im Film vorkommen lassen…!). Und, auch wie immer, sind Reviews herzlich erwünscht!


1. Kapitel

In den Wäldern im schönen Ithilien war die Erde bereits wieder von einem frischen grünen Teppich bedeckt, zartduftende Blüten und helle glänzende Blätter begannen sich an den Bäumen zu entfalten. Und im fernen Rohan, so hieß es, stand das Gras schon hoch und saftig.

In der hohen und stolzen Stadt, die er bewachte, besonders in den höheren Zirkeln, hielt sich jedoch noch eine ungemütliche Winterkälte.

Es war noch recht früh am Abend, eben erst begann es zu dämmern, der Himmel war von einem dicken Taubengrau, aber alles rings umher war so still, als wäre es bereits Schlafenszeit. Beregond zog seinen langen dunklen Mantel enger um die Schultern, als er eine schmale verlassene Seitengasse durchschritt, seine übliche Abkürzung von seiner Dienststelle nach Hause. Diesen Weg benutzte kaum jemals jemand außer ihm: es gab hier keine Hintertüren, die sich zur Gasse hin öffneten, keine Wäscheleinen, es war nur ein einfacher gepflasterter Weg, und manchmal erschien es dem Wachmann, dass er nur für seine Zwecke angelegt worden war.

So sehr er sonst ein aufgeschlossener Mensch war, genoss Beregond doch jeden Tag diese paar Minuten des völligen Alleinseins – und an jenem Tag noch mehr als gewöhnlich. Auch wenn er eine große Zuneigung für seinen neuen jungen Kameraden gefasst hatte und sich durch ihn ausgesprochen ermutigt und aufgeheitert fühlte – und nebenbei sehr gerührt war von den seltsamen Dingen, die er erzählt hatte – war es Beregond doch schwer ums Herz. Ein paar Stunden zuvor hatte er auf der Mauer gestanden, und hatte hilflos mit ansehen müssen, wie der Mann, den er mehr als alles andere verehrte, vom Tod selbst gejagt wurde – während er, Beregond, nur dumm herumgestanden hatte, ein nutzloser Zuschauer…

Aber dann hob der Wachmann seinen Blick und entdeckte zu seiner großen Überraschung und einigem Unbehagen, dass er heute Abend nicht allein auf dieser Gasse war. Eine große Gestalt, deren Umrisse von einem langen dicken Mantel verhüllt waren, näherte sich noch in einiger Entfernung.

Beregond war eigentlich kein misstrauischer Mensch, aber in diesen düsteren Zeiten, da jede neue Nachricht eigenartiger und schlimmer als die letzte war, merkte er, dass er häufig misstrauischer und nervöser war als früher. Der Unbekannte war stark, nach seiner Größe und seinem Gang zu urteilen, und Beregond bemerkte, dass die Spitze einer Schwertscheide unter dem Saum seines Umhangs hervorschaute.

„Wer seid Ihr? Zeigt euch!”, rief Beregond mit aller Autorität, denn, obwohl er seinen Dienst bereits beendet hatte, war er immer noch in die Uniform der Wachen gekleidet und hatte jedes Recht, einen Vorbeigehenden anzuhalten. Er machte Halt, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und vertrat dem unbekannten Krieger, der jetzt nur noch wenige Klafter von ihm entfernt war, den Weg. Das schwache Licht beleuchtete den Mann von hinten, so dass Beregond sein Gesicht unter der tief herabgezogenen Kapuze nicht sehen konnte.

Ohne in seinem Schritt einzuhalten, zog der Mann mit einer Bewegung seine Kapuze herunter und in der nächsten Sekunde stand er direkt vor Beregond – und das Licht beleuchtete endlich sein fahles Gesicht.

„Ach”, Beregond fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. „Verzeiht, mein Herr, ich habe Euch nicht erkannt.” Er verbeugte sich respektvoll, trat dann schnell zu Seite und gab dem jüngeren Sohn des Statthalters – und, wie man seit einigen Tagen wusste, seinem Erben – den Weg frei.

Aber Faramir schien nicht vorzuhaben, weiterzugehen und betrachtete ihn nun mit einem nachdenklichen und leicht belustigten Ausdruck auf dem Gesicht. Beregond sah seinen Herren sonst sehr gern lächeln, was er selten tat; aber letzthin war Faramirs Gesicht so gänzlich blass und müde geworden, dass jeder Ausdruck einen berunruhigenden Schatten von Ironie und Distanziertheit angenommen hatte.

„Schon in Ordnung, entschuldige dich nicht”, sagte der junge Heerführer mit einer dumpfen, gleichgültigen Stimme, die genau seiner Miene entsprach. „Deine Wachsamkeit ist löblich – und ich wollte sowieso nicht erkannt werden.”

Beregond verbeugte sich erneut, und suchte verzweifelt nach einer Antwort, irgendetwas, das er sagen konnte. Es war ein so seltenes Glück, so nahe bei seinem Herrn zu stehen, eine Gelegenheit zu haben, mit ihm zu sprechen, und Beregond hasste sich heiß und innig dafür, dass er in diesem Augenblick wie ein grüner Junge nichts zu sagen wusste.

„Es tut mir leid… für Euren Verlust, Heerführer.”, sagte er dann, um die peinliche Stille zu beenden, und wünschte sich schon, dass Herr Faramir wirklich gehen würde, um ihn von der scheinbar unbezwingbaren Aufgabe zu befreien, Haltung zu bewahren und sich wie ein vernünftiger zivilisierter Mensch zu verhalten.

Faramir senkte sein Gesicht, wie in Gedanken. „Ja, auch mir tut es leid.”, sagte er etwas ausdruckslos, sein Blick ernst und abwesend, und gar nicht auf den Wachmann gerichtet. Dann kehrten die Augen des Waldläufers zu Beregond zurück, und Wiedererkennen blitzte in ihnen auf. „Du… du heißt Beregond, nicht wahr? In deine Obhut hat mein Vater den Halbling gegeben, der meinen Bruder fallen sah, oder nicht?”

„Ja, mein Herr, das stimmt.”, antwortete Beregond bedächtig, und verbeugte sich zur Bestätigung. „Ich habe fast den ganzen Tag mit Peregrin verbracht.”

Faramir schlug die Arme untereinander, und wurde immer nachdenklicher. Es schien Beregond, als ob er durch die komplizierte Verbindung, die er jetzt zum gefallenen Bruder des Heerführers Faramir hatte, er seinem Herrn plötzlich viel näher war, als er es in all den Jahren, die er in der gleichen Stadt gelebt und in der gleichen Armee gedient hatte, je geschafft hatte. Er fühlte eine gewisse Art von Verbundenheit zwischen ihnen entstehen – und er hätte sehr gern etwas dazu gesagt, aber erneut war sein Hirn wie eine frisch abgewischte Schiefertafel.

So stand er eine Weile, und starrte Faramir an, und wartete, dass dieser etwas sagte oder tat. Immerhin konnte er wenigstens erwarten, dass der Erbe des Statthalters ihm abwesend zunickte und dann weiter seinem Ziel zuschritt, das er gehabt hatte, bevor der ach-so-wachsame Beregond ihm in den Weg getreten war. Aber der Krieger blieb stehen, offenbar in Gedanken versunken.

„Kann ich Euch sonst noch irgendeinen Dienst erweisen?”, sagte Beregond schließlich, als die Stille so lang gedauert hatte, dass seine Wangen vor Verlegenheit brannten.

Faramir schaute ihn an, und Beregond bemerkte, dass der Heerführer ihn ganz vergessen haben musste. Jetzt aber, wo der Ältere ihn ansah, schien es, als ob er ihn zum ersten Mal an diesem Abend wirklich richtig sah – vielleicht zum ersten Mal überhaupt. Faramirs legte die Stirn leicht in Falten und seine scharfen stählernen Augen studierten Beregonds gerötetes erwartungsvolles Gesicht.

„Einen Dienst erweisen…?”, wiederholte er unbestimmt, als überlege er, was die Worte heißen sollten. „Nun, sehr freundlich von dir, dass du das fragst.”

Beregond blinzelte verwirrt. Es war überhaupt nicht „freundlich” von ihm, das zu fragen – Faramir war sein Herr, nicht sein Freund, und es war schließlich eine Selbstverständlichkeit, jeden Dienst anzubieten, den der Heerführer brauchen konnte. Und dann fühlte er, wie durch die seltsame Antwort des Erben des Statthalters eine eigentümliche Wärme ihn zu durchströmen begann, und etwas in seinem Bauch sich heftig zusammenzog. Sehr freundlich von dir – das hatte fast wie ein Kompliment geklungen…

Du Idiot.

Was denkst du dir überhaupt?! Pass bloß auf, dass du dich nicht lächerlich machst. Es steht dir wahrscheinlich schon ins Gesicht geschrieben…

„Sag mal, Beregond…”, sagte Faramir, und riss ihn aus seiner Träumerei. Der Waldläufer trat noch einen Schritt näher und senkte seine Stimme aus Vorsichtsgründen, als ob sie nicht bereits ganz allein wären. „Weißt du, normalerweise bin ich bei solchen Sachen nicht so unverblümt, aber heute… Wirklich, ich bin sehr müde, und habe wenig Zeit – und ganz bestimmt keine für ausgesuchte Höflichkeiten. Ich habe nur eine einfache Frage für dich. Sag mir, Wachmann – magst du Männer?”


Beregond hätte jede andere Frage als diese erwartet – und er konnte seinen Herrn nur anstarren. Faramirs klarer grauer Blick bohrte sich direkt in Beregonds Herz, so jedenfalls erschien es dem jungen Mann, denn er konnte nicht wegsehen, ja, er konnte kaum Luft holen.

Und er antwortete das wahrscheinlich Dämlichste, auf das er hätte kommen können: „Ich bin verheiratet, und ich habe einen Sohn, Herr.”, hörte er sich sagen, bevor er sich auf die Zunge beißen konnte. Um Himmels willen, wo kam das denn her? Nicht, dass er jemals seine geheime Leidenschaft für den Heerführer als Untreue gegenüber seiner Frau angesehen hätte…

Faramir allerdings schien auf diese Antwort überhaupt nicht zu reagieren, so als ob er Beregonds Worte, da sie an der Frage vorbeigingen, überhaupt nicht bemerkt hätte. Und Beregond setzte eilig hinzu: „Aber ich mag Männer sehr, Herr Faramir.”

Daraufhin legte der Ältere seinen Kopf schief, ohne seine Augen von Beregond abzuwenden, und ein kleines Lächeln umspielte seinen schöngeschnittenen Mund – und wieder sah Beregond Ironie in seinem Lächeln.

„Nun”, sagte Faramir sanft, „und was hältst du von mir, Beregond? Magst du mich?” Seine scharfen Augen verengten sich leicht, als er das fragte, und sein Blick wurde schmerzhaft durchdringend und etwas spöttisch. Nun, man musste wohl ein bisschen spöttisch werden, wenn man solche Dinge fragte – um einen Raum für den Rückzug zu haben, falls er nötig wurde.

Beregond atmete tief ein. Hatte nicht so viele Male davon geträumt, das gefragt zu werden, diese Worte aus dem Mund des Heerführers zu hören…?

„Ihr, mein Herr, seid ganz unvergleichlich”, sagte er leise, aber deutlich. Er wusste, dass sein Gesicht mittlerweile dunkelrot war, so dass es selbst in der bläulichen Abenddämmerung zu sehen sein musste, und sein Herz schlug so laut, dass er sich sicher war, dass der Heerführer es hören konnte – aber ehrlich, was machte das schon? Herr Faramir war hier, direkt vor ihm, mit ihm allein, und schien ihn zu wollen…

Und der Herr Faramir lehnte sich zu ihm hinüber, und stützte sich mit seiner Hand an der Wand dicht über Beregonds Schulter ab. Beregond schloss sofort die Augen und hob sein Gesicht – aber Faramir berührte nicht seine geöffneten Lippen mit den seinen, sondern stattdessen mit seiner Nase Beregonds Hals, dicht unter dem Ohr. Er atmete tief ein – und zog sich wieder zurück. Dabei konnte er gerade noch verhindern, dass Beregond im Wortsinn über ihn herfiel, indem er ihn leicht an der Brust abstützte.

Als er sich wieder gefangen hatte, sah Beregond fassungslos zu ihm auf, starrte Faramir verzweifelt an, fürchtete schon, er habe etwas falsch gemacht, seinen Herrn beleidigt, sich selbst zum Narren gemacht… Aber der Waldläufer trug ein Grinsen im Mundwinkel.

“Nicht hier”, sagte er zur Erklärung.

Und Beregond verstand, was jener kurze Kontakt gewesen war – Herr Faramir wollte wissen, wie er roch, um zu sehen, ob dieser Wachmann, den er kaum kannte, wirklich sein Verlangen wecken konnte. Und, seinen Worten nach zu urteilen, hatte ihm sein Geruch gefallen. Er hatte nicht „nein” gesagt, er sagte „nicht hier”, was bedeutete, dass er, an einem anderen Ort… Beregond fühlte, wie ihm schwindlig wurde. Ich werde dich berühren, und dich umarmen, und dir deine Kleider ausziehen, und dich mir nehmen, dich besitzen und dich in den Wahnsinn treiben vor Lust – all das werde ich tun, nur nicht hier.

Was Beregond betraf, hatte diese kleine Geste schmerzhaft sein Verlangen geweckt. Trotz des Herrn Faramirs unbestreitbar anziehenden Erscheinung und trotz Beregonds unvergänglicher Sehnsucht nach diesem Mann, hatte er ihn immer als so untadelig und über allem stehend eingeschätzt, dass es praktisch unvorstellbar war, der Heerführer könne wirklich etwas so Fleischliches oder Unanständiges tun. Und dass Faramir offenbar tatsächlich eine solche wilde, ungezähmte Seite hatte – was ja der Fall zu sein schien, wenn man bedachte, dass er Beregond gerade beschnüffelt hatte, als ob sie zwei Wölfe wären und nicht zwei Menschenkinder – das war fast zuviel, um es zu begreifen…

Der junge Mann schaffte es aber, zu nicken und undeutlich zwischen den Zähnen hervorzupressen: „Natürlich, mein Herr, es tut mir leid…” Was für ein Idiot er war. Glaubte er wirklich, dass der Erbe von Gondor ihn umdrehte und in einer Seitengasse fickte, noch mit seinem Silberhelm auf und mit halb heruntergezogenen Hosen…?

Aber der Heerführer schien nicht im geringsten verärgert zu sein – eigentlich schien Beregonds Zustand ihm sogar ganz gut zu gefallen.

„Sag, kennst du vielleicht einen Ort, wo wir es uns ein oder zwei Stunden ungestört gemütlich machen könnten?”, fragte Faramir geduldig, indem er eine Augenbraue hob.

Beregond neigte den Kopf. „Ja, Herr.”, sagte er, bevor er überhaupt darüber nachgedacht hatte, wo so ein Ort sein könnte.

Der Waldläufer nickte zufrieden und gab Beregond mit einer Handbewegung zu verstehen, er solle vorausgehen.

Beregond schluckte und folgte instinktiv dem Weg, den er gegangen war, bevor er auf Faramir getroffen war, nämlich dem nach Hause. Aber noch bevor er ein Dutzend Schritt weit gekommen war, wurde ihm klar, dass das ganz außer Frage stand: seine Frau musste wohl von ihrem Tagewerk schon wieder zurückgekehrt sein, ganz abgesehen von seinem zehnjährigen Sohn… Auf jeden Fall wäre das viel zu riskant. Aber er musste sich irgendetwas einfallen lassen – das war seine Chance, und die durfte er nicht vorbeigehen lassen.

Und dann fiel es ihm ein. Sein jüngerer Bruder Iorlas wohnte weniger als eine Meile von Beregonds Familie entfernt – und Iorlas würde frühestens übermorgen wieder in der Stadt sein. Beregond hatte, wie immer, den Schlüssel zur Haustür…

Das war es. Praktisch und einfach.

Er konnte es kaum glauben. Er fühlte sich wie in dem Märchen von dem Mann, der im Staub der Landstraße einen faustgroßen Diamanten gefunden hatte. Was hatte Beregond getan, um solch einen Segen zu verdienen, solch ein Geschenk vom Schicksal? Er konnte sich nicht erinnern, wie das Märchen endete, ob der Mann mit seiner Entdeckung glücklich geworden war – aber wen interessierte das schon? Egal, was hinterher auch geschehen mochte, er würde diesen einen herrlichen Augenblick erleben, sein größter Traum würde ihm erfüllt werden.

Hatte er sich nicht in ungezählten endlosen Nächten gescholten und geschämt dafür, dass er überhaupt wagte, so etwas zu wünschen? Vielleicht hatte er sich seit langem mit seinem undenkbaren Verlangen nach Männern – seinem undenkbaren und unausführbaren Verlangen, um genauer zu sein – abgefunden, aber Herrn Faramir…?! Herr Faramir, der die Verkörperung aller Vollkommenheit war, und der ganz besonders in der letzten Zeit der letzten Hoffnungsschimmer für die meisten in Minas Tirith und in Gondor überhaupt geworden war. Der den Augen der Menschen wie ein Glücksbringer schien – so lange mit ihm alles gut war, konnten sie der Verzweiflung noch etwas entgegensetzen. Und Beregond, ein einfacher Wachmann, wagte es, ihn zu begehren?

„Ha!”, hätte er am liebsten geschrien. Seht ihr? Ich bin eben doch kein bedauernswerter verblendeter Idiot! Es wird passieren, wirklich.

Er konnte seinen unerwarteten Gefährten kaum hören, obwohl er nur wenige Schritte hinter ihm ging. Faramir war ein großgewachsener Mann, größer als Beregond selbst, und musste daher auch schwer sein, und sein Mantel war lang und weit – aber die Sohlen seiner Reitstiefel machten kaum ein Geräusch, wenn sie das Kopfsteinpflaster berührten, und der Stoff seines Umhangs raschelte nicht, nicht einmal ganz leise. Sein ledernes Wams knarzte nicht, die Glieder seines Kettenhemdes klirrten nicht gegeneinander – er war ein wahrer Waldläufer und bewegte sich mit der lautlosen Anmut der Elben.

Beregond für seinen Teil kam sich wie ein mûmak in voller Rüstung vor, der die Straße entlangtrampelte, klapp-klapp kling-klang, damit es auch alle Leute hören konnten und über seine Tollpatschigkeit lachten. Er traute sich nicht, einen Blick über seine Schulter zu werfen, um zu sehen, ob Herr Faramir wirklich noch da war.

Ach, um der Valar willen, du bist doch nicht mehr sechzehn! Reiß dich zusammen. Wenn du dir weiter soviel Gedanken machst, bist du durchgeschwitzt vor Angst, bevor du überhaupt ins Schlafzimmer kommst, und dein Schwanz hat sich dann längst verabschiedet… Nicht dass Beregond jemals tatsächlich vor diesem Problem gestanden hätte, aber er hatte davon gehört, dass das passieren konnte, falls man sich zu große Erwartungen machte. Unnötig zu sagen, dass diese Vorstellung wenig dazu beitrug, seine Nerven zu beruhigen…


Der Weg, der alles in allem nicht länger als zehn Minuten gedauert haben konnte, fühlte sich wie die längste Stunde seines Lebens an. Als sie endlich die wenigen Stufen zum Eingang von Iorlas‘ Haus hinaufgestiegen waren, hatte Beregond tatsächlich Mühe, den Schlüssel ins Schloss zu stecken.

Vielleicht habe ich alles ganz falsch verstanden. Wie kann er denn wohl mich wollen, wo er doch jeden Mann haben könnte; schönere, edlere, jüngere, geschicktere…? Vielleicht will er ja nur einen Happen essen und ein bisschen über… über… wie hieß er noch… Peregrin, ja genau… reden. Er will über Peregrin reden, ganz sicher. Nein, er kann unmöglich mich wollen…

Beregond seufzte erleichtert, als das Schloss schließlich klickte, schob die Tür auf und führte seinen Herrn in den schummrigen Flur.

Er wusste, er sollte jetzt etwas Einladendes sagen, ein paar oberflächliche Worte, aber sie blieben in seinem Hals stecken, und er gab es auf, höflich sein zu wollen. Immer noch ohne sich nach dem Heerführer umzudrehen, nahm er eilig seinen Helm ab und stellte ihn auf eine kleine Bank, öffnete dann genauso hastig seinen Mantel und hängte ihn an einen der Haken nahe der Tür.

Aber noch bevor er sich zu dem Älteren umsehen konnte, umfing ihn Faramir mit einer starken und drängenden Umarmung, drehte ihn um, drückte ihn fest gegen die Wand, und war im nächsten Moment schon dabei, ihn heftig zu küssen. Beregond zuckte zusammen – und schmolz dahin. Sein Herr küsste stark und herrisch, und anders, als es Beregond je zuvor gekannt hatte – und er küsste anders zurück, als er es je zuvor getan hatte. Wenn er noch fähig gewesen wäre, zu denken, wäre er vielleicht darüber erstaunt gewesen, wirklich Hauptmann Faramirs flinke und fordernde Zunge in seinem Mund zu haben, seinen heißen Atem auf dem Gesicht zu spüren, die Andeutung von Bartstoppeln an seiner Wange kratzen zu fühlen…

Aber er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, als sich seine Arme wie von selbst um den Hals des Waldläufers schlangen – nur dass seine zwei früheren Befürchtungen ganz und gar unbegründet gewesen waren. Zum ersten wollte Herr Faramir offenbar wirklich ihn. Und zum zweiten würde er sich als Mann keineswegs blamieren, denn er war bereits jetzt heiß und steif wie eine frischgeschmiedete Klinge, seine Lenden schmerzten geradezu von all dem Blut, das mit einemmal darin kochte. Nichts anderes drang in sein Bewusstsein: nicht der Köcher an seinem Rücken, in dem die Pfeile aneinanderklapperten; nicht Faramirs langes Schwert, das unangenehm gegen sein Bein stieß und dann an die Wand hinter ihnen schlug; nicht, dass sie die Bank umgeworfen hatten, so dass Beregonds Flügelhelm mit einem lauten Scheppern zu Boden fiel – nur Faramirs Lippen auf seinen, nur die Hände seines Herrn auf ihm…

Dann zog sich Faramir zurück, ohne jedoch seine Umarmung zu lockern, atmete tief aus und grinste zufrieden. Beregond starrte mit verschleiertem Blick zu ihm auf, sein Atem ging so heftig, dass er es selbst hören konnte. Wieder sah er in Faramirs grauen Augen diesen Ausdruck: abschätzig, scharf und ein wenig ironisch, nur dass jetzt noch eine weitere Nuance dazugekommen war: Hunger und überwältigende männliche Selbstsicherheit.

Nachdenklich und etwas belustigt betrachtete der Waldläufer den Wachmann, und presste seine Lippen aufeinander, wie um ein Lächeln zu verbeißen. Mit einer Hand strich er eine Haarlocke aus Beregonds Stirn.

Der junge Mann schloss die Augen, um die Berührung zu genießen, und verlor sich sofort darin.

„Ich möchte jetzt, dass dir eines ganz klar ist, mein lieber Wachmann“, murmelte Faramir, und als Beregond ihn ansah, blickte er mit dunklen Augen genau in die des jungen Mannes. „Im Verlauf der nächsten Stunde oder so werde ich dich ficken, und zwar richtig – und ich werde verdammt nochmal dafür sorgen, dass es dir gefällt. Die einzige kleine Bitte, die ich an dich habe, ist, dass du dich entspannst – klar? Je weniger du dir Sorgen machst, desto leichter wird alles gehen. Ich weiß, das kommt alles ziemlich plötzlich, und kommt dir vielleicht etwas eigenartig vor, aber du bist doch ein Krieger, nicht wahr, Beregond? Du solltest doch gelernt haben, mit unerwarteten Ereignissen umzugehen.“

„Ja… ja, hab ich.“, hauchte Beregond verträumt, immer noch in Faramirs Augen versunken.

„Schön“, nickte Faramir mit einem leichten Grinsen – und ließ von ihm ab, ging dann ein paar Schritte weiter in den halbdunklen Flur, immer noch seinen Mantel um. „Nun, ich schätze doch, in diesem Haus sollte sich ein Schlafzimmer befinden.“

„Ja… oben… Herr.“, antwortete Beregond, dessen Stimme ihm noch immer nicht richtig gehorchen wollte. Er schaffte es aber wenigstens, sich nicht noch an der Wand abstützen zu müssen. Mit gesenktem Kopf versuchte er, das gerade Erlebte zu verdauen. Sein Herr hatte ihn gerade… hatte ihn angefasst, hatte ihn geküsst, hatte solche Sachen zu ihm gesagt… Beregond fühlte, wie sein sowieso schon angespanntes Gemächt sich bei dem bloßen Gedanken daran schmerzhaft regte. Faramirs lässige Selbstsicherheit faszinierte ihn, und seine offensichtliche Hemmungslosigkeit – und Schamlosigkeit – war auf so beängstigende Art erregend…

Aber Herr Faramir hatte recht, er musste sich zusammennehmen. Der Hauptmann würde, auch wenn er müde und beschäftigt war, etwas von seiner kostbaren Zeit mit Beregond verbringen – und dafür musste Beregond ihm das bestmögliche bieten.

Also atme aus und entspann dich. Das ist alles sehr überraschend und ungewohnt – aber es ist genau das, wonach du dich immer gesehnt hast! Lass einfach den Hauptmann führen und genieß, was du kriegst.

Vielleicht gewöhnten sich Leute, die immer mal wieder das Zittern überkam, irgendwann daran, und fanden einen Weg, davon unbeeindruckt weiterzumachen mit dem, was sie taten – aber Beregonds Problem war, dass er nie so einer gewesen war. Er war vielleicht nicht der schneidigste Mann auf der Welt, aber er war insgeheim immer stolz darauf gewesen, besonnen zu sein und Vertrauen in seine Fähigkeiten zu haben. Er hatte im Angesicht von tödlichen Gefahren nie Angst gezeigt, oder hatte gezögert, wenn es nötig war, wichtige Entscheidungen zu treffen, noch war er je in Gesellschaft vieler Menschen schüchtern gewesen. Auch im Schlafzimmer hatte er nie unter irgendwelchen Unsicherheiten gelitten, nicht einmal bei seinem ersten Mal, mit einem Mädchen, das genauso ahnungslos wie er selber gewesen war.

Aber das hier…

„Herr Faramir, darf ich… Möchtet Ihr vielleicht erst einmal ein Glas Wasser oder Wein?“, rief er dem Hauptmann nach, als er sich doch noch an ein paar Regeln der Gastfreundschaft erinnerte.

„Aber ja, das wäre sehr liebenswürdig, vielen Dank“, sagte Faramir leichthin.


Fast wünschte Beregond, er hätte das lieber nicht vorgeschlagen. Zunächst hatte er Schwierigkeiten, sich zu erinnern, wo sein Bruder den Wein aufbewahrte – dann, wo der Korkenzieher lag, und jetzt bekam er auch noch die verfluchte Flasche nicht auf…

Er hatte kaum die Schritte gehört, als sein Herr auch schon berauschend nahe hinter ihm stand. Beregond senkte seinen Kopf etwas, wusste aber nicht recht, wie er mit dieser Nähe umgehen sollte, und mühte sich daher nur weiter mit dem Wein ab. Wenigstens war er so vernünftig gewesen, Köcher und Bogen im Eingang zu lassen, so dass sie jetzt nicht im Weg sein würden…

Ohne ein Wort zu sagen, legte Faramir seine Hände auf Beregonds, und ein paar Augenblicke und eine kräftige Bewegung später war die Flasche offen.

Beregond lachte erleichtert. „Tut mir leid, Herr, ich bin so nervös.”

“Schon in Ordnung, das muss dir nicht leid tun”, antwortete Faramir leise, seine Stimme voll Wärme und Belustigung. „Sehr schmeichelhaft, dass du so aufgeregt bist.”, setzte er hinzu und ließ seine Finger noch einen Moment auf den Handrücken des jungen Mannes liegen. Dann tat er einen Schritt zurück und lehnte sich gegen die Tischplatte, die für die Zubereitung des Essens gedacht war. „Sei so freundlich und verdünn meinen Wein mit Wasser: zu solchen Gelegenheiten bleibe ich lieber nüchtern.”

Also goss Beregond den Becher halbvoll mit der duftenden dunklen Flüssigkeit, und füllte ihn dann mit klarem kalten Wasser auf. Er würde Iorlas eine Erklärung geben müssen – sein Bruder versah den Haushalt gut, er würde merken, wenn auch nur eine Flasche fehlte. Aber darüber konnte sich Beregond später Gedanken machen.

Er reichte den Becher Faramir und fuhr beinahe zusammen, als sich ihre Finger trafen. Faramir bemerkte die Reaktion des jungen Mannes und schenkte ihm ein schwaches Lächeln: „Bitte, gieß dir auch ein, Beregond – du kannst es brauchen.”

Beregond gehorchte nur zu gern.

Sie tranken langsam und ohne zu sprechen, ohne auch nur zu versuchen, einen Vorwand für eine Unterhaltung zu finden. Beregond zweifelte nicht, dass Faramir für seinen Teil ohne Schwierigkeiten über jedes beliebige Thema hätte Konversation betreiben können, falls er das gewollt hätte. Höchstwahrscheinlich ersparte er lediglich Beregond die Peinlichkeit – der Wachmann war sich nämlich sehr sicher, dass seine derzeitige Unfähigkeit, eine Unterhaltung zu bestreiten, ziemlich offensichtlich war.

Daher standen sie nur und schauten sich an – das immerhin war Beregond möglich gewesen: ihre Augen hatten sich über dem Rand der Becher getroffen, und der junge Mann hatte dem Blick standgehalten. Und erneut staunte er, welchen Verlauf dieser Abend genommen hatte und auch über Herrn Faramirs Benehmen. Beregond war nichts von all dem gewöhnt: zum einen hatte er immer gedacht, nur käufliche Damen würden auf diese Weise auf der Straße aufgelesen… Und er hätte darüberhinaus nie geglaubt, dass sein geliebter Hauptmann (nun gut, es war Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen, wenn man bedachte, wie sich die Ereignisse entwickelten) – hätte nie gedacht, dass Faramir sich jemals auf diese Art einen Gefährten suchen würde. Im Ernst, waren es wirklich nur Müdigkeit und Mangel an Zeit, die dazu geführt hatten, dass er Beregond dieses fragwürdige Angebot gemacht hatte? Gut, zugegeben, von Beregonds Standpunkt aus war das Angebot ein wahrer Segen und überhaupt nichts Fragwürdiges daran – aber er sah der Sache ins Gesicht, das war nicht gerade ein gesellschaftlich akzeptiertes Betragen für einen Mann, besonders für einen Mann von Faramirs Rang…

Freilich, wenn man berücksichtigte, dass er gerade im Begriff war, flachgelegt zu werden, war es sehr verführerisch für Beregond, sich vorzustellen, dass seine langgehegten geheimen Gefühle tatsächlich erwidert wurden, dass es da einen tieferen persönlichen Grund gab – aber er wusste es besser. Herr Faramir mochte sein Gesicht erkannt haben, aber er hatte früher an diesem Abend erst überlegen müssen, bis ihm sein Name eingefallen war – also bitte, was sollten da wohl für Gefühle sein?

Und Herrn Faramirs Benehmen… vielleicht lag es nur daran, dass Beregond auf diesem Gebiet keine Erfahrung hatte, wirklich, vielleicht benahmen sich ja Männer in solchen Situationen immer so. Nicht dass es ihm etwas ausmachte – ganz im Gegenteil: die kraftvolle unsanfte Umarmung des Hauptmanns, seine dreisten, etwas ironischen Blicke, die Art und Weise, wie er „ich werde dich ficken” gesagt hatte, als wäre das eine ganz einfache Tatsache… all das war auf eine etwas einschüchternde Weise sehr sehr erregend, und Beregond musste daran denken, wie herrisch und energisch sein Herr wohl im Bett sein würde, was den Wachmann nur noch heißer zwischen seinen Beinen werden ließ, als er sowieso schon war.

Nur dass es sich eben irgendwie ein wenig komisch anfühlte, dass der Erbe des Statthalters solche Sachen sagte und tat.
Nein, es schien irgendwie nicht Faramirs eigene, naturgegebene Art zu sein. Beregonds Eindruck von seinem Herrn war immer der eines zurückhaltenden und recht vornehmen Mannes gewesen, eines Mannes mit dem Anklang von strahlender Makellosigkeit, wenn auch mit einem strengen Gesicht – eines Mannes mit feinen Sitten, der sorgfältig seine Worte setzte. Um alles in der Welt nicht hätte Beregond ihn jemals für fähig gehalten, solche Dinge wie „verdammt nochmal” oder gar „ficken” zu sagen, und schon gar nicht in dieser Bedeutung… Nun war das unter Kriegern zwar nichts Ungewöhnliches. Soweit sich der Wachmann erinnerte, hatte Herr Boromir zum Beispiel sogar ziemlich häufig „verfickt” oder so etwas gesagt, selbst wenn es nicht immer unbedingt nötig gewesen wäre – aber Herr Faramir war, was dies betraf, doch bestimmt aus einem anderen Holz geschnitzt…

Beregond war verwirrt und ihm war auch nicht ganz wohl bei der Sache – er wischte seine Bedenken jedoch zur Seite. Hatte er nicht erst gerade mal einen Mann geküsst… und das auch erst vor gerade mal zehn Minuten – was wusste er schon von solchen Sachen?
Was wusste er denn überhaupt? Er hatte jung geheiratet, und in den zweiunddreißig Jahren seines Lebens hatte er mit niemandem anders als seiner Frau geschlafen, die immer ein lieber vernünftiger Mensch mit ernsten freundlichen Augen gewesen war – er hatte sich nie irgendwelche „Unanständigkeiten” mit ihr erlaubt. Ihre Art waren immer eher stille, vorsichtige Zärtlichkeiten gewesen als ungezügelte Leidenschaft – er hatte von Leidenschaft und ungehemmter Lust immer nur träumen können, und die Richtung, in die seine Träume manchmal gegangen waren, hatte ihn oft verwirrt und manchmal sogar erschrocken…

Nun ja, er würde ja sehr bald herausfinden, ob seine Fantasien viel mit der Wirklichkeit gemein hatten.


“Oben, sagtest du, ja?”, fragte Faramir beiläufig, stellte den leeren Becher zurück auf die Tischplatte und machte sich auf den Weg in Richtung Treppe.

Beregond kippte den letzten Rest Wein in einem Schluck herunter und folgte ihm leise.

NB: Diese Geschichte darf auf keinen Fall (weder in der Originalfassung noch in Übersetzung) ohne Erlaubnis des Autors verbreitet (inkl. per E-mail) werden. [ Mehr Infos ]
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